Heute ist so ein Tag… Helena hat die ganze Nacht gestillt, gebrüllt, als ich kurz aufs WC gegangen bin, gebrüllt, als der große Bruder (und ich mit ihm) aufstehen wollte in der Früh (viel zu früh, 5:30h). Ich bin also müde und es regnet, und eine gute Freundin hat ihren kleinen Sohn erfolgreich abgestillt, mit 5,5 Monaten. Sie hat gefragt, ob wir nächste Woche abends einmal etwas trinken gehen. Mit einer anderen Freundin, deren Sohn mit 8 Monaten auch schon lange abgestillt ist, und natürlich alleine einschläft. Was keines meiner Kinder macht.
An solchen Tagen suhle ich mich gerne im Selbstmitleid – wieso schlafen alle Kinder nur nicht meine, wieso geht für alle das Abstillen so einfach, und hier werden mir Schnuller und Flasche nachgeworfen (ehrlich!) und nur der Busen wird akzeptiert und wieso haben alle anderen Eltern einen richtigen Abend, nur ich liege mit den Kindern im Bett und schlafe meistens selbst mit ein, weil sie mich so lange nicht mehr aufstehen lassen ohne aufzuwachen. Natürlich ist das nicht bei ALLEN anderen so, und irgendwann an diesen Tagen schaffe ich es auch, daran zu denken. An die Eltern die es ähnlich machen wie wir. Und die Gründe, warum ich es mache, wie ich es mache. Die muss ich nämlich dann manchmal den anderen aufzählen, wenn sie sagen ich könnte doch x oder y machen, dann würde es sicher besser. Meine Entscheidungen weichen doch oft von der „Norm“ ab.
Klar, vermutlich könnte ich abstillen. Radikal, ihr einfach den Busen nicht mehr geben. Sie würde vermutlich tagelang viel weinen (brüllen, wütend sein) und keiner hier könnte gut schlafen, auch nicht ihr Bruder. Aber was hätte ich davon? Vielleicht würde sie besser schlafen, vielleicht könnte sie wieder der Papa ins Bett bringen (was ja schon geklappt hat!), vielleicht hätte ich freie Abende. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht würde sie versuchen, sich die Nähe, die sie sich durchs Stillen holt (und ohne, also „nur“ mit Kuscheln nicht akzeptiert) irgendwie anders einzufordern. Würde nur auf mir schlafen zum Beispiel. Dann hätte ich wieder keinen Abend. Vielleicht würde sie nach ein paar Tagen aber auch einfach resignieren und alles wäre nach außen hin gut. Ich wüsste aber, in ihr drinnen sähe es anders aus. Es würde etwas in ihr kaputt machen. Ihr Vertrauen in mich, in die Welt. Es würde sich für mich nicht gut anfühlen. Ich sehe, wie sehr sie den Busen und mich noch braucht.
Manchmal denke ich, vielleicht hätte ich in ihren ersten Lebenswochen mehr auf den Schnuller setzen sollen. Wir haben ihn gegeben, aber eher selten, und irgendwann wollte sie ihn nicht mehr. Es ging einfach auch ohne gut. Heute wäre er sicher ein guter Ersatz zum Brustnuckeln in der Nacht. Bei Oliver haben wir es genauso gemacht, den Schnuller sogar noch weniger angeboten, und er hatte nie solch extremen Nuckelphasen wie seine kleine Schwester jetzt. Und er hat langsam immer seltener gestillt, durchgeschlafen und plötzlich ging es ganz schnell ganz ohne Brust – mit 13 Monaten (die ganze Geschichte gibts hier). Klar, auch der Schnuller ist kein Garant für ruhige Nächte, vielleicht würde sie auch in diesem Fall nur auf mir schlafen wollen, nur eben mit Schnuller im Mund. Wer weiß. Jedenfalls stehe ich auch zu dieser Entscheidung, wenn ich darüber nachdenke. Die Brust ist die natürliche Variante, inklusive Nähe und Sicherheit der Mama. Der Schnuller ist einfach ein Stück Plastik, der das Saugbedürfnis vielleicht befriedigen mag, aber das Nähe- und Sicherheitsbedürfnis sicher nicht. Und die Milchmenge und -zusammensetzung der Mama passt sich bei Schnullerkindern auch weniger den Bedürfnissen des Kindes an.
Erst letzte Woche hat jemand zu mir gesagt, wie zufrieden und ausgeglichen Helena wirkt. Auch Oliver ist ein sehr ausgeglichenes Kind, die Autonomiephase war zwar spürbar, aber es gibt sicher anstrengendere Kinder. Und klar, so etwas liegt sicher auch am Kind selbst, aber ich denke doch, die Weise, wie wir sie erziehen und mit ihnen umgehen hat etwas damit zu tun. Ein Mix aus Attachment Parenting (also bindungsorientierter Elternschaft), Montessori und ein paar anderen Ansätzen, fühlt sich für uns einfach richtig an. Nicht in jeder einzelnen Situation (zum Beispiel in schlechten Nächten, wenn ich mich wieder einmal frage, warum ich das alles so mache) – aber wenn ich darüber nachdenke, oder Berichte von Susanne Mierau oder meiner Freundin Jeannine lese, dann fühlt es sich einfach gut an!
Abschließend will ich noch sagen, dass ich weder Schnuller, noch Flasche, oder sonst irgendeine Elternentscheidung verurteile. Alle Eltern haben ihre Gründe, etwas auf eine bestimmte Art und Weise zu machen. Solange sie damit das Kind nicht offensichtlich schädigen oder traumatisieren (also es schlagen oder ähnliches). Und diese Gründe und Entscheidungen können sich im Laufe der Elternschaft auch ändern. Man lernt dazu, man lernt sein Kind kennen und auch sich selbst als Elternteil. Und ja, ich genieße das viele Kuscheln auch – wer weiß, wie lange sie das noch wollen, die Zeit vergeht ja ohnehin viel zu schnellen (wie auch meine Kollegin Paula festgestellt hat)
Was sind eure Gedanken dazu? Habt ihr auch schon manchmal eure Entscheidungen als Eltern angezweifelt?